Was ist Bildungsmarketing?

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Was ist Bildungsmarketing?

Bildungsmarketing ist ein besonderer Bereich des Marketings, der sich mit der Planung, Umsetzung und Steuerung von Aktivitäten eines Bildungsanbieters und dem Gut „Bildung“ befasst. Bildung zeichnet sich durch besondere Merkmale aus, sodass sich im Bildungsmarketing Schnittpunkte zu allgemeinem Marketing, Dienstleistungsmarketing und Non-Profit Marketing identifizieren lassen.

 

Definition Marketing

Marketing ist nach Bruhn (2010: 14) eine unternehmerische Denkhaltung, die mit einer konsequenten Kundenorientierung darauf abzielt, absatzmarktorientierte Unternehmensziele zu erreichen. Neben der kundenorientierten Sicht spielen weitere Anspruchsgruppen im Marketing eine wichtige Rolle, zum Beispiel Mitarbeiter, Staat oder Umwelt. Im Wesentlichen geht es laut Meffert (2012: 3) um die effiziente und bedürfnisgerechte Gestaltung von Austauschprozessen mit diesen unterschiedlichen Anspruchs- bzw. Interessensgruppen. Kurzum: Marketing ist Management.

 

Definition Bildungsmarketing

In Weiterbildungseinrichtungen ist Bildungsmarketing eine (strategische) Managementaufgabe. Nach Bernecker (2009: 183) wird Bildungsmarketing als „Planung, Umsetzung und Steuerung aller auf die potenziellen Interessensgruppen eines Bildungsanbieters ausgerichteten Aktivitäten“ verstanden. Es geht also nicht nur um Kommunikation, sondern auch um die Entwicklung des Leistungsangebotes eines Bildungsanbieters und um den Mehrwert, den dieser für Kunden und andere Interessensgruppen bietet.

Idealerweise wird Bildungsmarketing als begleitender Prozess verstanden, der sämtliche Phasen von der Entwicklung bis zur Umsetzung von Bildungsangeboten umspannt. Im Hinblick auf die Positionierung eines Bildungsanbieters spielt dabei beispielsweise auch die Kommunikation eines klaren Profils eine wichtige Rolle. „Der Begriff Bildungsmarketing umfasst deutlich mehr als die reine Vermarktung von Bildungsangeboten“, fasst unsere Marketingreferentin Jana Bülte zusammen. „Insbesondere öffentlich geförderte Einrichtungen der Erwachsenen- und Familienbildung scheinen das noch nicht flächendeckend verinnerlicht zu haben. So bleibt aktuell viel Potenzial ungenutzt.“

 

Was ist das Besondere an Bildungsmarketing?

Bildungsmarketing kann nach Barz (2010: 416) aufgrund der besonderen Merkmale von Bildung nicht eindeutig verortet werden, denn neben dem allgemeinen Marketing lassen sich insbesondere Elemente aus dem Dienstleistungs- und Non-Profit Marketing auf den Bereich des Bildungsmarketings anwenden. Um zu verstehen, was das Besondere an Bildungsmarketing ist, lohnt sich deshalb ein Blick auf die Merkmale, die Bildung ausmachen.

 

Bildung als Dienstleistung

Zu den besonderen Merkmalen von Bildung gehört zum Beispiel, dass sie nicht transport- und lagerfähig ist oder dass der Erfolg von Bildungsleistungen nach Barz (2010: 416) maßgeblich von dem Engagement, der Lernbereitschaft und der Mitgestaltung durch die Teilnehmerin oder den Teilnehmer abhängig ist. Stellt man sich das Ganze anhand eines Spanischkurses an einer Volkshochschule vor, wird schnell deutlich, was das bedeutet: Beteiligen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich nicht aktiv am Kurs oder lernen sie zu Hause keine Vokabeln, werden sie den Kurs oder eine Zertifikatsprüfung nicht erfolgreich beenden können.

Wie in „klassischen“ Dienstleistungen zeichnet sich Bildung also durch seine Immaterialität (keine Transport- oder Lagerfähigkeit) und die sogenannte Integration des externen Faktors (Mitgestaltung durch den Kunden) aus. Diese Merkmale sind typisch für Dienstleistungen. Darüber hinaus gibt es eine weitere Besonderheit, die im Dienstleistungsmarketing sowie im Bildungsmarketing auftritt: Ähnlich wie bei Arztbesuchen (Dienstleistung) müssen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei Bildungsangeboten darauf vertrauen, dass der Bildungsanbieter eine gute Leistung erbringt. In der Informationsökonomie wird daher bei Dienstleistungen auch von einem Vertrauensgut gesprochen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Bildung nach Schlutz (2006: 20) eine personenbezogene Dienstleistung ist, die sich aber nur bis zu einem gewissen Grad individualisieren lässt.

 

Die Rolle des Bildungsanbieters

Mit Blick auf öffentliche Hochschulen, Volkshochschulen oder andere Einrichtungen der Erwachsenenbildung lässt sich feststellen, dass ein Großteil der Bildungseinrichtungen nicht gewinnorientiert ist. Dies stellt die Schnittstelle zum Non-Profit Marketing dar, denn nach Möller (2011: 24 ff.) zählen Bildungseinrichtungen in Deutschland häufig zu den sogenannten Bedarfswirtschaften. Diese sind durch eine fehlende Gewinnorientierung gekennzeichnet, haben die Bewältigung sozialer Aufgaben als Ziel und zeichnen sich durch eine nicht-kommerzielle Rechtsform aus. Während nach Müllerleile (1998: 1884) die Nachfrage nach Konsumgütern künstlich geschaffen werden kann, reagieren Non-Profit-Einrichtungen auf vorhandene Bedürfnisse innerhalb einer Gesellschaft. Damit ist ihr Ziel ein anderes als das gewerblicher Unternehmen: Sie wollen vorrangig soziale Ziele erreichen.

 

Weitere Besonderheiten

Nach Barz (2010: 416) kann Bildung sowohl als konsumptives als auch als investives Gut auftreten. Bildung kann also „absichtslos“ konsumiert oder als Investition gesehen werden. Beispielsweise ist der Abschluss des Seminars „Mobbing- und Konfliktberatung“ für Beschäftigte in der Offenen Ganztagsschule eine Investition in die eigene Qualifikation und die eigene Beschäftigungsfähigkeit. Die Diashow zur Landschaft Norwegens ist dagegen eher Freizeitgestaltung.

 

Warum ist Bildungsmarketing notwendig?

Die fortschreitenden Ökonomisierungstendenzen auf dem Bildungsmarkt machen eine Auseinandersetzung mit dem Thema Bildungsmarketing aus betriebswirtschaftlicher Sicht notwendig. Es gibt aber auch politische Einflüsse (z. B. durch Gesetzgebung), die von Bildungseinrichtungen eine Auseinandersetzung mit dem Thema Marketing fordern.

 

Der wirtschaftliche Nutzen von Bildungsmarketing

Der Bildungssektor hat nicht nur eine transformative Wirkung auf die Gesellschaft, sondern stellt nach Grewal et al. (2022: 1-10) auch einen wesentlichen Wirtschaftszweig dar. Ein strategisches Bildungsmarketing kann, zum Beispiel im Hinblick auf die Erwachsenenbildung in Deutschland, dazu beitragen, konkrete Vorteile für Einrichtungen zu realisieren. Schöll (2018: 1474) identifiziert die Optimierung der eigenen Position auf dem Weiterbildungsmarkt, die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder die erfolgreiche Gestaltung von internen Abläufen als zentralen Nutzen von Bildungsmarketing.

Der öffentliche Bildungsmarkt in Deutschland befindet sich seit Langem in einem Ökonomisierungsprozess, den die Politik durch entsprechende Gesetzgebungen und (finanzielle) Förderung gestaltet. Wird Marketing von Bildungseinrichtungen als Management verstanden, kann Marketing zum handlungsleitenden Steuerungselement werden, das pädagogisches Handeln in den Ökonomisierungsprozess einer Einrichtung einbetten kann.

 

Anforderung für die öffentliche Anerkennung

Da die Erwachsenenbildung indirekt im Kontext der staatlichen Verantwortung steht, weist Nuissl (2011:499) darauf hin, dass beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen neben der schulischen Bildung auch die Erwachsenenbildung in seine Landesverfassung aufgenommen hat (vgl. Artikel 17 Verf, NW). Konkret bedeutet das, dass Bildungseinrichtungen, die eine extern zertifizierte Auseinandersetzung mit politisch-betriebswirtschaftlichen Strategien nachweisen können, gefördert werden. Hierzu gehört auch eine Marketingstrategie. Sprich: Ohne Bildungsmarketing gibt es keine öffentlichen Fördermittel.

 

Forschung zum Thema Bildungsmarketing

Seit über 50 Jahren forscht die Wissenschaft im Bereich Marketing über Bildung. Nach Grewal et al. (2022: 1-10) standen in der Vergangenheit dabei vor allem Kundensegmentierung oder die Entscheidungsfindung von Kunden im Vordergrund der Forschungsaktivitäten. Aktuellere Studien befassen sich unter anderem mit dem Segment Hochschulmarketing. Insbesondere dort macht Bildungsmarketing aber auch den Konflikt zwischen Auftrags- und Marktorientierung sichtbar: Laut Bapat und Gankar (2019: 1060-1864) gibt es Hinweise auf eine negative Einstellung gegenüber der Notwendigkeit zur Durchführung von Marketingaktivitäten sowie Bedenken gegenüber der Anwendung von Marketingmodellen aus Wirtschaft und Industrie.