Der zweite Bildungsweg als Chance

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Der zweite Bildungsweg als Chance

In unserer Gesellschaft spielt Bildung eine entscheidende Rolle, sowohl um einzelnen Personen Chancen zu ermöglichen aber auch, um den gesellschaftlichen Fortschritt zu gewährleisten. Obwohl höhere Bildungsabschlüsse immer gefragter werden und gut ausgebildete Fachkräfte dringend gebraucht werden, findet häufig nur der erste Bildungsweg Anerkennung, während der zweite Bildungsweg eher vernachlässigt wird.

Was ist der zweite Bildungsweg?

Die bekannteste Form der Bildung ist der erste Bildungsweg. Er besteht meist aus der weiterführenden Schule, eventuell mit sich anschließender Ausbildung. Der zweite Bildungsweg bietet Menschen, die aus diversen Gründen keinen Abschluss auf dem ersten Bildungsweg erwerben konnten, eine Möglichkeit ihren Abschluss nachzuholen oder zu erweitern und sich somit weiter zu qualifizieren. Es können in verschiedenen Modellen der Erwachsenenbildung alle Abschlüsse bis hin zum Abitur erworben werden. Beispiele sind die Vollzeit-Tagesschule, das Abendgymnasium oder inzwischen auch Abitur-Online. Der zweite Bildungsweg ist eines der Mittel, die essenziell sind, um den Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften zu bekämpfen.

Für wen ist der zweite Bildungsweg?

Trotz bisheriger Bemühungen sind die Bildungschancen in Deutschland noch immer ungleich verteilt. Nur halb so viele Nichtakademiker- wie Akademikerkinder erwerben eine Hochschulzugangsberechtigung. Bis zum Master steigt die Relation auf 1:6, bis zum Doktortitel auf 1:10. An allen Schwellen des Bildungssystems sind die Abgangsquoten von Nichtakademikerkindern höher.

Das primäre Ziel sollte bleiben, den ersten Bildungsweg möglichst gerecht zu gestalten und alle Kinder und Jugendlichen so zu fördern, dass eventuelle Ungerechtigkeiten möglichst früh in der Bildungslaufbahn ausgeglichen werden. Jedoch ist aktuell keine Wende der vorliegenden Problematiken in Sicht. Daher ist und bleibt der zweite Bildungsweg für viele Menschen von Bedeutung, die aufgrund von sozialer Ungerechtigkeit nicht vom ersten Bildungsweg profitieren konnten.

Auch für weitere Personengruppen ist der zweite Bildungsweg eine große Chance. Im ersten Bildungsweg kann beispielsweise ein Migrationshintergrund und die damit einhergehende Sprachbarriere sehr hinderlich sein. Wichtig in diesem Fall sind zusätzlich zum Bildungsangebot begleitende Sprachangebote, die die betroffenen Personen weiter qualifizieren. Außerdem bietet der zweite Bildungsweg für Menschen mit Migrationshintergrund große Integrationschancen, da einerseits sozialer Anschluss gefunden werden kann und andererseits gesellschaftliche Themen hinterfragt werden und analytisches Denken vermittelt wird.

Häufig kommt es auch vor, dass Menschen bereits in ihrem Heimatland studiert oder einen Abschluss erworben haben, der in Deutschland nicht anerkannt werden kann. Der zweite Bildungsweg bietet hier die Chance, dass auch offiziell ein Abschluss gemacht werden und sich für entscheidende Berufe qualifiziert werden kann.

Wird der zweite Bildungsweg genutzt?

Der zweite Bildungsweg fördert zwar die Chancengleichheit, dennoch sinken die Zahlen der Anmeldungen kontinuierlich. Ein Grund dafür ist, dass der Gedanke, dass ein Abschluss auf dem zweiten Weg weniger wert sei, noch immer weit verbreitet ist. Personen, die ihren Abschluss auf dem zweiten Bildungsweg erworben haben, hätten sich weniger anstrengen und geringere Leistungen erbringen müssen. Dieses Vorurteil ist allerdings nicht berechtigt, da das Prüfungsniveau des jeweiligen Abschlusses natürlich gleich dem Pendant im ersten Bildungsweg ist. In gewisser Weise könnte man den Abschluss sogar als schwieriger erachten, da sehr viele Personen ihn berufsbegleitend erwerben und dadurch doppelt belastet werden.

Außerdem wird dieser Weg weniger wahrgenommen, da er zu wenig beworben wird. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass dieser Weg überhaupt offensteht. Die wenigsten Personen wissen, welche Angebote es in der eigenen Nähe gibt und inwiefern man von den Weiterbildungen profitieren kann.

Wie kann man den zweiten Bildungsweg zugänglicher machen?

Die wichtigste Maßnahme, um die Zugänglichkeit zum zweiten Bildungsweg zu erhöhen, ist die Steigerung der Bekanntheit der verfügbaren Optionen. Die Möglichkeiten einen Abschluss zu erwerben, sollte in der Öffentlichkeit thematisiert werden. Außerdem muss bei Beratungen, die in der Sozialarbeit, Arbeitsagenturen oder Integrationszentren erfolgen, explizit darauf hingewiesen werden, dass für jeden die Möglichkeit besteht sich weiter zu qualifizieren. Auch Schulabgängern sollte deutlich gemacht werden, dass der erste Bildungsweg nicht die einzige Chance auf einen höheren Abschluss für sie dargestellt hat, sondern dass eine Weiterbildung weiterhin möglich ist und gefördert wird.

Es ist außerdem wichtig, dass jeder Person in Deutschland der Zugang zur Bildung ermöglicht wird und das angestrebte Bildungsziel nicht eingeschränkt werden muss. Zentral ist an dieser Stelle jedoch auch der finanzielle Aspekt. Viele Berufstätige, die sich eine Weiterbildung vorstellen können, sorgen sich um ihre finanzielle Stabilität. Daher müssen Maßnahmen wie kostengünstiger ÖPNV und auch das Bafög für Schüler weiter ausgebaut werden.

Bedeutsam ist für berufstätige Menschen auch, dass Konzepte weiterentwickelt werden, die die Durchführung der Bildung flexibler und individueller machen. Idealerweise werden die Maßnahmen an die Vorbildung und an die zeitlichen Möglichkeiten der Person angepasst, um die Bildung attraktiver zu machen.